Bekommt das Steam Deck Konkurrenz?
Microsoft will das Steam Deck heraus fordern. Ob das klappen kann, beleuchtet dieser Artikel.
Das Steam Deck legt vor
Als das Steam Deck im Jahr 2022 erschien, hatte es eine Lücke gefüllt, von der viele nicht wussten, dass es sie überhaupt gab. PC Spiele auf einer tragbaren Konsole zu spielen, hielten viele für nicht praktikabel. Bis zu diesem Zeitpunkt erschienene Handhelds wie zum Beispiel die Sony Vita, die Nintendo Switch und viele mehr boten zwar ebenfalls mobilen Spielspaß, aber auf keiner der Konsolen war es möglich, PC Spiele zu spielen. Valve hatte es aber geschafft und das Steam Deck hat seinen festen Platz in der Gaming-Community eingenommen.
Dabei blieb das Steam Deck von Anfang an nicht ohne Konkurrenz. Nicht nur bietet Valve Steam OS, das auf Linux basierende Betriebssystem auch für andere Hersteller von Handhelds an. Es unterstützt diese Unternehmen sogar bei der Anpassung. So ist das Lenovo Legion Go S das erste Handheld, welches powered by SteamOS ist, also offiziell von Valve zertifiziert und unterstützt. Es ist anzunehmen, dass diesen Weg noch weitere Unternehmen gehen werden.
Denn bisherige Steam Deck Konkurrenten hatten ein Problem: Windows.
Windows fühlt sich auf Handhelds nicht wohl
Windows beherrscht nach wie vor den Gaming-Markt. Mit einem Marktanteil von über 90 % auf dem Desktop, kommt man als Zocker nicht darum herum, wenn man es einfach und bequem haben will. Allerdings hört der Spaß dort auf, wo die Hardware zu schwach und das Display zu klein wird. Haben Handhelds in Sachen Hardware zuletzt aufgeholt, reden wir immer noch von Displaygrößen zwischen 7 und 9 Zoll (ca. 23 cm). Hierauf macht ein Desktop-Betriebssystem wie Windows einfach keinen Spaß mehr.
Dennoch findet Windows seinen Weg auf Handhelds. Asus, Lenovo, MSI und weitere Hersteller setzen auf das Betriebssystem aus Redmond. Man behilft sich damit, dass man Software vorinstalliert, welche die Nachteile der kleinen Displays auffangen. Sie legen sich also praktisch über den Windows-Desktop, um die Handhabung zu vereinfachen.
Dazu kommt der Vorteil, dass man auf Windows alle bekannten Launcher wie Steam, GOG, Epic Store usw. installieren kann. Das ist zwar auch auf dem Steam Deck möglich, aber das ist längst nicht so einfach.
Es scheint unter den Handhelds mit Windows bisher jedoch kein echter Konkurrent entstanden zu sein. Wobei handfeste Zahlen schwer zu ermitteln sind: Steam Deck and other handheld PC sales estimated at 6 million (Link auf PC World.)
Die UI von Steam OS wurde auf die kleine Displaygröße optimiert (Screenshot / Markus Daams / CCO)
Hier hat das Steam Deck einen entscheidenden Vorteil. Das auf Arch Linux basierende Steam OS wurde von Valve auf die kleine Displaygröße hin optimiert. Auf einen Desktop muss man aber nicht verzichten. Im Desktop-Modus wird ein vollwertiges KDE geladen und das Deck kann als PC genutzt werden. Vave hat die Anwendungsfälle Handheld und Desktop klar getrennt und das kommt der User Experience sehr zugute.
Alles muss man selber machen
Gerüchte, dass Microsoft selbst an einem Handheld arbeitet, gab es in der vergangenen Jahren immer wieder. Diesen ist bisher aber keine Ankündigung gefolgt. Dass aber etwas passieren muss, um den Anschluss nicht zu verlieren, hat man inzwischen auch in Redmond erkannt.
Bevor es den ersten echten Xbox Handheld gibt, möchte man die Zusammenarbeit mit OEMs wie zum Beispiel Asus ausbauen. Eine Strategie, wie sie Valve ebenfalls verfolgt. Das erst Projekt hört auf dem Namen ‘Kennan‘ und basiert auf dem bereits existierenden Asus ROG Ally (X). Der Prozessor ist mit dem AMD Ryzen „Z2 / AMD Ryzen Z2 Extreme“ ein alter Bekannter. Man setzt hier also auf Bewährtes, was nichts Schlechtes heißen muss.
Viel interessanter ließ sich die Ankündigung, dass Windows von Microsoft auf diese Geräteklasse hin optimiert werden soll. Dies möchte man auf zwei Wegen erreichen. Zum einen soll es eine neue Oberfläche geben, die „Xbox Full Screen Experience“. Das Design lehnt sich an die bekannte Xbox-Oberfläche an.
Xbox Gaming Experience (Quelle: Microsoft)
Aber auch unter der Haube möchte man Hand anlegen. Sobald sich Windows im Handheld-Modus befindet, sollen Dienste wie zum Beispiel die Windows-Suche, oder der Copilot deaktiviert werden. Auf diesem Wege möchte man bis zu 2 GB RAM für das Gaming freigeben.
Dies bedeutet, dass auf die gewohnte Windows Desktop Erfahrung nicht verzichtet werden muss, der Handheld-Modus aber endlich die Liebe erhält, die dieser so dringend benötigt.
Wenn schon, denn schon
Gelingt es Microsoft, das eigene Betriebssystem so weit zu optimieren, dass es auf Handhelds tatsächlich Spaß macht, kann man die eigenen Stärken ausspielen. Das sind unter anderem:
- Das existierende Xbox-Ökosystem, welches sich bereits geräteübergreifend nutzen lässt
- Der Gamepass, welcher sich zunehmender Beliebtheit erfreut
- Alle bekannten Launcher lassen sich unter Windows einfach nutzen
Insgesamt liest sich das wie ein rundes Angebot. Dazu kommt, dass sich die OEMs die Arbeit der eigenen Anpassung dann sparen können. Man stellt lediglich die Hardware bereit und überlässt Microsoft die Arbeit am Betriebssystem und der UI.
Es scheint also, würde Microsoft alle Trümpfe ausspielen, die es schon immer in der Hand hatte. Das ist gut für die Gamer und für das Gaming ansich.
Das Steam Deck ist nich chancenlos
Man sollte das Steam Deck aber nicht vorschnell abschreiben. Linux findet auf Gaming Hardware sehr langsamen, aber stetigen Zuspruch. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass Valve sehr viel Mühe und Ressourcen darauf verwendet hat, Linux immer weiter zu optimieren. Davon profitiert nicht nur das Steam Deck, sondern alle Gamer, die auf das freie Betriebssystem setzen.
Das von mir in einem anderen Artikel verlinkte Video macht aktuell immer noch die Runde. Der Youtuber „Dave2D“ hat Linux und Windows auf dem Lenovo Legion Go S gegeneinander antreten lassen. Link zu Youtube: “Windows Was The Problem All Along” / Englisch / 7:37 Minuten. Hier zeigt sich, dass Linux in einigen Bereichen nicht nur gleichgezogen, sondern besser ist.
Man wird sich also in Redmond anstrengen müssen, um die gewohnte Poleposition auch auf Handhelds zurückerobern zu können.
Valve hat ebenfalls Trümpfe in der Hand, die auszuspielen sich lohnt:
- Der nach wie vor beliebteste Launcher ist Steam
- Linux ist frei und lebt von einer riesigen Community. Es fallen zudem keine Lizenzkosten an
- Valves Fokus liegt zu 100 % auf Gaming, während Xbox nur eine Sparte bei Microsoft ist
- Das Steam Deck trifft einen akzeptablen Preispunkt
Wie man sieht, ist das Rennen offen. Valve hat vorgelegt und Microsoft wird nach ziehen. Wie es ausgeht, wird sich zeigen.
Was ich mir wünsche
Valve könnte sich zurücklehnen und die Hardware den OEMs überlassen. Ich würde mir aber ein echtes „Steam Deck 2“ von Valve wünschen. Diese haben bereits verlauten lassen, dass so etwas erst in Frage kommt, wenn die Hardware einen echten und entscheidenden Sprung nach vorne gemacht hat. Wie genau dieser aussehen soll, ist aber nicht bekannt.
Da ich hier aber meine Wunschliste aufgemacht habe, wünsche ich mir erneut einen Chip von AMD, mit mindestens RDNA 3, aber besser 4, oder wenigstens 3.5. Es würde auf einen Custom Chip hinauslaufen, wie sie ihn zum Beispiel Sony für die Playstation, aber auch Microsoft für die Xbox bei AMD in Auftrag gegeben haben. Gerade Upscaling-Technologien wie FSR 4 stellen großen Sprung dar, der meiner Meinung nach ein neues Steam Deck rechtfertigen könnte.
In diesem Zuge sollte Valve es sich auch überlegen, eine neue Steam Box herauszubringen. Der erste Versuch war nett, aber die Zeit war noch nicht reif. Mit dem inzwischen wirklich guten Steam OS könnte man ein Ökosystem schaffen, dass es mit den bereits etablierten Platzhirschen aufnehmen kann.
Es würde mehr Konkurrent geben, und das würde dem Markt gut tun. Das Erscheinen des Steam Decks hat diese These erneut untermauert.
Mein Fazit
Microsoft hat die Möglichkeit, den Rückstand im Handheld-Bereich wieder aufzuholen. Die veröffentlichten Pläne klingen schlüssig, spannend und aus Sicht eines Gamers durchaus aufregend. Aber Ankündigungen gab es schon viele aus Redmond. Von Zune, über die eigenen Smartphones, bis Augmented Reality, es sind schon mehr Pläne geplatzt, als Seifenblasen auf einem Kindergeburtstag.
Dennoch wünsche ich mir, dass es klappt, da Konkurrenz immer gut ist. Es bleibt aber abzuwarten, wie schnell die Pläne umgesetzt werden können. Außerdem bin ich gespannt, ob Microsoft und die OEMs den richtigen Preispunkt zufassen bekommen. Dieser lag mir persönlich bisher zu hoch. Valve hat hier klar gepunktet.
Warten wir ab, was da auf uns zu kommt. Bis dahin: Happy Gaming!